Gewinner 2024

Der Tiroler Handwerkspreis wurde in vier unterschiedlichen Kategorien verliehen.
Die folgenden Gewinner werden nach Kategorie angezeigt.

Nachhaltigkeit & Regionalität

Ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit. Handwerk und Materialien aus der Region für die Region. Mit neuen Materialien und Techniken Altes erhalten, Wissen bewahren und weitergeben. Bestehendes in Neues transformieren.

Ing. Peter Bucher (Plattenmanufaktur)

Projekt: Pilotprojekt Sollingerplatte

Die Klosterkammer Hannover suchte einen Ersatz für ihre mit Sollinger Gesteinsplatten gedeckten Objekte, insbesondere Kirchen. Ökologie und Nachhaltigkeit waren wichtige Anliegen, da aktuelle Industrieprodukte diesen Ansprüchen nicht genügten.

Das Ziel war die Entwicklung eines neuen Dachprodukts. Die Anforderungen umfassten Sturm- und Hagelsicherheit, eine Lebensdauer von 300 Jahren, Recyclingfähigkeit, eine ähnliche Optik wie die Originalplatten und einfache Verlegung sowie mobile Produktion. Während der Entwicklungs- und Produktionsphase war Geduld gefragt, da Prüfberichte oft lange auf sich warten ließen. Trotzdem führte dies zu kontinuierlichen Verbesserungen bei Maschinen und Material. Die resultierenden Dachplatten bieten regionale und internationale Fertigung, die im Gegensatz zu anderen Materialien die Umgebung nicht aufheizt und den Auswirkungen des Klimawandels standhält.

Die Entwicklung dieses einzigartigen Produkts wurde von der Architektenkammer Niedersachsen und Bremen anerkannt. Die Vision ist die Integration von Photovoltaikplatten und die Förderung des Handwerks der Plattenmacher für junge Menschen. Die Leistung besteht in der Wiederbelebung eines fast ausgestorbenen Handwerks und der internationalen Etablierung trotz Herausforderungen.

Bilder: Peter Bucher

Franz Schaiter (Mobile Tischlerei Schaiter)

Projekt: Alte Mühle reparieren

Das Projektziel war es, ein altes, bestehendes und faszinierendes Werk vor dem Verfall zu bewahren, damit dessen Schönheit und die damit verbundene vergangene Technik in der heutigen schnelllebigen Zeit nicht in Vergessenheit geraten.

Der Wellbaum (Achse) der Mühle und die Radspeichen des Wasserrades mussten komplett erneuert werden. Der 4,5 m lange Baum musste passgenau gefertigt werden, inklusive aller Einstemmungen. Bei einem Durchmesser von 45 cm erforderten die genauen Ausnehmungen Geduld und Geschick. Der Wellbaum und die Speichen mussten millimetergenau und ohne Unwucht passen, auch die Lagerblöcke verzeihen keine Ungenauigkeiten. Der Lärchenbaum aus dem heimischen Wald wurde nach alten Überlieferungen gefällt. Es gab keine zweite Chance, wenn etwas nicht passte.

Die originalen Schmiedeeisen-Lagerringe wurden wiederverwendet. Wir drechselten den Wellbaum rund und frästen unsere Namen und die Jahreszahl ein. Der Einbau verlief ohne Probleme, und nach mühsamer Arbeit lief das Werk perfekt. Die seit 1738 bestehende Hinterlocher Mühle wäre ohne unseren Einsatz dem Verfall ausgesetzt gewesen. Sie dient nun als voll funktionsfähige Schaumühle und begeistert Jung und Alt. Es ist schön, mit Handwerk Staunen und Bewunderung zu bewirken.

Bild: Mobile Tischlerei Schaiter

Manfred Mayr (Holzhandwerk Mayr)

Projekt: Schrägzaun (Hag)

Was wurde gemacht?
Holz händisch spalten und putzen, Neuerrichtung eines Schrägzaunes auch unter Verwendung schon verwendeter Materialen eines alten Zaunes.

Was war die handwerkliche Herausforderung/Schwierigkeiten?
Auswahl der Hölzer widersinnig/nachsinnig (Wuchsrichtung); das Holz wird händisch gespalten und geputzt, alte Stecken und Girschten gekürzt und wieder eingebaut; Zaunstecken und Girschten werden sodann in einer von alten Überlieferungen erlernten Stecktechnik ineinander so verkeilt, dass ein sehr stabiler, für viele Jahre haltbarer, Zaun entsteht.

Verwendete Materialien
Ausschließlich Tiroler Lärchen- bzw. Fichtenholz ohne technische Hilfsmittel (Nägel, Schrauben) sowie es auch vor Jahrhunderten gemacht wurde. 

Bilder: Manfred Mayr

Kooperation & Teamwork

Gemeinsame Arbeit und Synergien verschiedener Fachbereiche oder Professionisten – manche Projekte werden erst durch intensive Zusammenarbeit perfekt.

Roman Astleitner (Fancy concrete GmbH)

Projekt: Last by Schachermayer

Das ehemalige Schachermayer-Betriebsgebäude in Linz hat in den letzten Monaten eine beeindruckende Verwandlung durchgemacht. Auf ca. 4.000 m2 wurde für die Jugend eine Gaming-Area, ausgestattet mit 32 PCs, 20 Konsolen, einem Comic-Shop, einem Eventbereich für Konzerte, Streaming, Seminarräumen und einer Action-Sportanlage mit einer indoor - Beton Bowl (ca. 500m2) für Rollsportbegeisterte, die in Europa ihresgleichen sucht, initiiert.

Die Firmen "fancy concrete" GmbH (Wörgl), "IOU Ramps" (Fürstenzell, Deutschland) und freiberufliche Spezialisten im Skateboard-Anlagenbau wurden beauftragt. Besondere Herausforderungen waren die Unterkonstruktion und die Beförderung von etwa 75 m³ Beton ins Kellergeschoss. Anstelle der üblichen Frostkoffer-Methode wurde ein Holzunterbau zusammen mit "IOU Ramps" realisiert. "fancy concrete" GmbH war für Armierung und Schalung verantwortlich.

Der Beton wurde im Spritzbetonverfahren aus einem Silo eingebracht, um Staubentwicklung zu minimieren und eine schnelle Reinigung der Leitungen zu ermöglichen. Dieses Verfahren war ein Novum im Skateboard-Anlagenbau.

Bilder: Roman Astleitner

Nicole Schneider (Foto Nici)

Projekt: Die Schönheit von Menschen mit Beeinträchtigung

Nicole's Herzensprojekt 2023: Portraitaufnahmen von 40 Klienten der Lebenshilfe Reutte. Diese Bilder sollen die Schönheit und Lebensfreude von Menschen mit Beeinträchtigung zeigen. Die größte Herausforderung war die Kommunikation mit einigen Klienten, doch durch eine freundliche Art und lustige Sprüche gelang es, jedem ein Lächeln zu entlocken.

Das Projekt wurde an zwei verschiedenen Orten über zwei Shooting-Tage durchgeführt, begleitet von einer Make-up-Artistin, die für passendes Styling sorgte. Viele Klienten nahmen dieses Angebot gerne an. Alles wurde ehrenamtlich geplant und umgesetzt, ohne Bezahlung, jedoch mit großer Dankbarkeit, Freude und Wertschätzung belohnt.

Vor Weihnachten erhielten alle Teilnehmer zwei verschiedene Bilder in Farbe und Schwarz-Weiß im Format 13x18, die sie behalten oder verschenken konnten. Die Rückmeldungen von Familienmitgliedern waren äußerst positiv und erfreulich. Das Projekt wurde mit Unterstützung der Assistenten und Betreuer der Lebenshilfe Reutte realisiert, die mit Hingabe und Liebe ihren Beruf ausüben. Als Dankeschön wurden auch einige von ihnen porträtiert.

Bilder: Foto Nici

Christina Holaus (Geigenbau Christina Holaus)

Projekt: Geigenbauer ohne Grenzen

Eine Kooperation zwischen Albert Ginthör (Verein Opera Mauritius), Geigenbau Christina Holaus und ihren Schülern der Staatlichen Berufsfachschule für Musikinstrumentenbau in Mittenwald. Das älteste Opernhaus der Südhalbkugel steht auf der Insel Mauritius: Nach Jahrzehnten des Verfalls wollen junge Musiker das Haus wieder mit Leben füllen.

Der Verein 'Opera Mauritius' hat 30 gespendete Streichinstrumente organisiert, die nun in ihrer Freizeit in ihrer Werkstatt repariert werden. Als Dozentin an der Staatlichen Berufsfachschule für Musikinstrumentenbau in Mittenwald haben sich 15 ihrer Schüler freiwillig gemeldet, um an diesem Projekt teilzunehmen. Sie sammeln dadurch wichtige Fertigkeiten und Kenntnisse in der Instandhaltung und Reparatur von Streichinstrumenten. Jeder Schüler erhält zwei Instrumente zur Reparatur, und sie unterstützt sie dabei.

Das Projekt hat bereits begonnen und fördert die persönliche und handwerkliche Weiterentwicklung aller Beteiligten. In zwei Monaten werden die reparierten Instrumente nach Mauritius gebracht, um dort wieder gespielt zu werden.

Bilder: Christina Holaus

Handwerk & Design

Handwerkliche Fähigkeiten treffen auf Kreativität und Designqualität. Eine perfekte Optik, durchdachte Funktionalität und zeitlose Schönheit sind das Ergebnis.

Thomas Auer (Holzmanufaktur und Vitrinenbau Auer)

Projekt: Ron Arad Wave Chair

Thomas Auer wurde vom bekannten britischen Architekten Ron Arad kontaktiert, um eine interessante Anfrage zu erhalten: die Umsetzung eines seiner Stuhldesigns in Holz. Die komplexe 3D-Geometrie stellte ihn und seine Mitarbeiter vor einige engineeringtechnische Herausforderungen und erforderte zahlreiche Materialstudien sowie Prototypen. Schließlich fandet man eine Lösung für diese Anforderung.

Der Verbund aus Acryl, Kohlefaser und Spezialfurnieren ermöglichte es, diese außergewöhnliche Form umzusetzen. Teile dieses Projekts wurden durch die Tiroler Innovationsförderung finanziert.

Bilder: Holzmanufaktur und Vitrinenbau Auer

Peter Pfeifer, Michael Freymann (Spurart OG)

Projekt: Custom Ski und Boards aus Tirol

Seit 2010 dreht sich in der einstigen Fleischerei alles um den Bau von Skis, Snowboards und Splitboards bei der Spurart OG. Die Produktion erfolgt ausschließlich in der eigenen Werkstatt in Innsbruck, Tirol. Die Geschäftsinhaber sind Michael Freymann und Peter Pfeifer. Auf Bestellung werden Ski, Snowboards und Splitboards dem individuellen Kundenwunsch entsprechend handgefertigt.

Das Hauptmerkmal der Wintersportgeräte von Spurart OG ist der Einsatz von Holz im und auf dem Ski, Snowboard oder Splitboard. Handverlesene Furniere zieren die Oberfläche, während hochperformative Eschenkerne im Herzen der Produkte verbaut werden. Jedes einzelne Produkt wird individuell an die Bedürfnisse der Kunden angepasst und nach ihren Wünschen designt. Durch die langjährige Erfahrung im Skibau und die Bereitschaft, neue Prototypen zu entwickeln, zeigt die Spurart OG ihre fortlaufende Innovationsbereitschaft.

Mit einer breiten Palette an Designmöglichkeiten können die Kunden bei der Gestaltung der Oberfläche ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, von Echtholzfurnieren bis hin zu grafischen Darstellungen auf Kunststoff, die als "Topsheet" genutzt werden können. Die Spurart OG legt dabei Wert auf eine legale und möglichst lokale Herkunft der Materialien.

Bilder: Spurart OG

Anton Fritz (Stahlbau Fritz GmbH)

Projekt: Lamellenfassade für den Flagshipstore der Eglo Lichtwelten

Basierend auf der Vorgabe des Auftraggebers wurde eine Fassade mit 2700m² Fläche aus 365 handgefertigten Aluminiumstäben entwickelt, die sich futuristisch wie eine Welle rund um das Gebäude schlängelt. Die insgesamt 100t schweren Lamellen wurden jeweils mit mehreren Beleuchtungskörpern auf unterschiedlichen Ebenen bestückt, dass die Fassade nachts durch 2200 Leds in allen Farben leuchtet und den Schwung der Fassade nochmals betont.

Die Unterkonstruktion in Filigranbauweise ist aus Rundrohr-Windverbandsabstrebungen gefertigt und dem Gebäude vorgesetzt. Sie wurde in 3 Ebenen mit unterschiedlichen Auskragungen bis zu 6 m montiert und in Fassadenfarbe beschichtet, um möglichst im Hintergrund des Erscheinungsbilds zu bleiben. Für die Lamellen von bis zu 15 m Stablänge wurden 11.200 lfm Strangpressprofile aus Aluminium zu 365 zweischaligen Elementen verarbeitet und im Endzustand mittels Stahleinschüben miteinander verschraubt. 80 Lamellen wurden in gerader Form ausgeführt, die restlichen mit geschwungenem Teil, davon 190 Stück als Unikate in verschiedenen Längen und mit differenten Radiusbögen.

Bilder: Stahlbau Fritz

Tradition & Moderne

Klassisches Handwerk und zeitgemäße Perfektion in der Umsetzung. Unter Verwendung moderner Technologien und innovativen Materialien spannende Ergebnisse erzielen.

Nadine Dagn-Reitsamer (Hermann Dagn GmbH)

Projekt: Integration von Handwerk und Technologie in der Spenglerbranche

Die Hermann Dagn GmbH hat in den letzten Jahren einen beeindruckenden Wandel durchlebt: Mit dem größten Investitionsprojekt der 60-jährigen Unternehmensgeschichte wurde der Produktionsbetrieb auf den Industriestandard 4.0 umgestellt. In den vergangen zwei Jahren wurde nicht nur das gesamte Werksgelände modernisiert, sondern insbesondere der Prozess der Vorfertigung und Blechverarbeitung vollständig digitalisiert und miteinander vernetzt.

Nunmehr erfolgt die gesamte Blechverarbeitung von der ersten Zeichnung, über den Zuschnitt, die Biegung bis hin zur Beschriftung digital und vollautomatisch. Hervorzuheben ist die integrative Vernetzung von Facharbeiter Know-How und digitaler Technologie. Zudem durchlaufen auch die Mitarbeiter:innen ein umfassendes Schulungsprogramm, um neue digitale Kompetenzen aufzubauen. Damit hat sich die Hermann Dagn GmbH zum einem der modernsten Spenglerunternehmen im deutschsprachigen Raum entwickelt und zeigt vorbildhaft, wie Innovation und Handwerk ineinandergreifen können.

Bilder: Hermann Dagn GmbH

Barbara Pfister (Schneiderei Barbara Pfister)

Projekt: Tuxer Dirndl

Die Anfertigung dieses Kleidungsstücks ist eine Meisterleistung, bei der viel Handarbeit zum Einsatz kommt. Eine besondere Herausforderung besteht darin, den Widder des Tuxer Steinschafs auf dem Rücken komplett von Hand zu sticken, welcher auch das Wappen von Tux darstellt. Hier verschmelzen Tradition und Moderne auf harmonische Weise. Der Tuxer Loden, der seit 1880 im Zillertal hergestellt wird, wurde verwendet, während das Wappen seit 1976 Tux repräsentiert.

Auch bei der Schürze wurden die Stehfalten von Hand gezogen und anschließend in die Smok-Technik eingearbeitet, wobei Perlen verwendet wurden. Die Stehfalten wurden ohne Schablone, sondern frei von Hand gezogen, was ungewöhnlich ist. Besonders hervorzuheben ist zudem, dass die Hörner des Widders dreidimensional wirken.

Bilder: Schneiderei Barbara Pfister

Florian Kitzbichler (Lebzelterei Kitzbichler)

Projekt: Die Renaissance des Lebzelters und Wachsziehers

Florian Kitzbichler ist seit 3,5 Jahren selbstständig in seinem Beruf tätig und erfreut sich zunehmender Bekanntheit. Er wurde in zahlreichen Zeitungen erwähnt, hat Interviews im Radio und Fernsehen gegeben und war sogar an einem Buch beteiligt, wo er die Schlussworte beisteuerte. Sein Werdegang wird auch in der Enzyklopädie "Successful People Germany and Austria" präsentiert.

Derzeit arbeitet er noch in einer aktiven Bäckerei und produziert dort das ganze Jahr über Lebkuchen. Allerdings plant er den Aufbau einer eigenen Produktionsstätte, eine Containerbackstube, da die Kapazität der aktuellen Bäckerei nicht mehr ausreicht. Er bezieht mittlerweile über die Hälfte seiner Rohstoffe von einheimischen Lieferanten, darunter Mehl aus St. Johann, Wiener Zucker und Milchprodukte von der Käserei Plangger.

Florian ist stolz darauf, dass er bereits einen Namen mit seinen 25 verschiedenen Lebkuchensorten gemacht hat und Kunden bis nach Schweden und London beliefert. Besonders geschätzt wird seine Kreativität in der Rohstoffkombination, besonders wenn seine Limited Edition zwei Wochen vor Weihnachten herauskommt, die letztes Jahr innerhalb von drei Tagen ausverkauft war.

Für das Jahr 2025 wünscht sich Florian eine eigene Produktionsstätte, in der er auch Lehrlinge im Lebzelter- und Wachszieherhandwerk ausbilden möchte.

Bilder: Ines Entleitner